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Asym­metrie – das wich­tigste Rezept für erfolg­reiche Innovationen

Ein wich­tiges Inno­va­ti­ons­prinzip der ASIT®-Methode

Warum finden wir Fotos von Schwalben anziehend? Weil der Körper einer Schwalbe im Flug sehr symme­trisch ist. Aber was bedeutet eigentlich „symme­trisch”? Eine Symmetrie braucht immer eine Symme­trie­achse. Bei der Schwalbe verläuft die Symme­trie­achse etwa so, wie die grüne Linie im folgenden Bild.

Schwalbe und Symmetrieachse

Im Bild sind die obere und die untere Hälfte zuein­ander symme­trisch. Sie haben die gleiche Form (aller­dings gespiegelt). Das macht sie form- und größen­sym­me­trisch. Die beiden Hälften haben die gleiche Farbe (schwarz). Sie sind also farb­sym­me­trisch. Wäre die untere Hälfte zum Beispiel rot, wäre die abge­bildete Schwalbe im Hinblick auf die Eigen­schaft Farbe asym­me­trisch oder unsymmetrisch.

Also: Eine Symmetrie liegt vor, wenn Eigen­schaften auf beiden Seiten einer Symme­trie­achse gleich sind.

Nun geht es uns um Ideen, Lösungen und Inno­va­tionen. Und natürlich haben wir nicht vor, eine neue Art von Schwalben zu entwi­ckeln. Deshalb schauen wir uns etwas aus der tech­ni­schen Welt an: den Hamburger Elbtunnel.

Fahr­bahn­ma­nagement im Elbtunnel – Asym­metrie gewinnt

Elbtunnel Fahrt­bahn­ma­nagement

Tradi­tionell haben Spuren oder Röhren in Tunneln feste (symme­trische) Fahrt­rich­tungen. Die Symme­trie­achse ist hier die Zeit. Bei einer zeitlich symme­tri­schen Fahrt­richtung ist die Fahrt­richtung in einer Röhre vor und nach einem belie­bigen Zeit­punkt gleich.

Das inno­vative Fahrt­rich­tungs­ma­nagement im Hamburger Elbtunnel dagegen ermög­licht es, die Richtung des Verkehrs in den einzelnen Tunnel­röhren abhängig vom Verkehrs­auf­kommen auf Süd->Nord oder Nord->Süd zu schalten. Dazu werden die Fließ­ge­schwin­digkeit und Dichte des Verkehrs über­wacht und die Fahrt­richtung mit Hilfe von elek­tro­ni­schen Systemen, Ampeln und Schranken gesteuert.

Morgens gibt es ein hohes Verkehrs­auf­kommen in die Stadt hinein – also in Süd-Nord-Richtung und abends ist es umge­kehrt. Entspre­chend sind morgens die meisten Röhren in Süd-Nord-Richtung frei­ge­geben und nach­mittags in Nord-Süd-Richtung. Neben der Tageszeit spielt auch die Saison eine Rolle. Zu Beginn der Feri­enzeit fahren viele Reisende nach Norden – Richtung Strand und Skandinavien. 

Die Umkehrung der Fahrt­richtung in den einzelnen Tunnel­röhren kann in Echtzeit erfolgen, so dass auf Ände­rungen im Verkehrs­auf­kommen schnell reagiert werden kann. Dies ermög­licht es, den Verkehr im Tunnel reibungslos und sicher zu gestalten, auch während Stoß­zeiten oder bei uner­war­teten Ereignissen.

Insgesamt trägt das zeitlich asym­me­trische Fahrt­rich­tungs­ma­nagement im Hamburger Elbtunnel dazu bei, den Verkehr im Tunnel zu regu­lieren und Störungen zu vermeiden. Es trägt auch zur Verbes­serung der Lebens­qua­lität in den umlie­genden Stadt­teilen bei, indem Emis­sionen von Schad­stoffen verringert und die Reak­ti­ons­fä­higkeit im Falle eines Notfalls verbessert wird.

Auch das moderne Internet ist asymmetrisch

Das moderne Internet nutzt zur Infor­ma­ti­ons­über­tragung das Tele­fonnetz. DSL, der digitale Teil­neh­mer­an­schluss, löste die analoge Tech­no­logie, also das piepende Modem der neun­ziger Jahre, ab. 

Beim ursprüng­lichen DSL war die Band­breite für Upload und Download iden­tisch, also symme­trisch im Hinblick auf die Über­tra­gungs­richtung. Die gesamte, zur Verfügung stehende Band­breite stand je zur Hälfte zum Herunter- und Hoch­laden von digi­talen Infor­ma­tionen zur Verfügung.

Später wurde der ADSL-Standard defi­niert. Da die Inter­net­nutzer wesentlich mehr Daten herunter als hoch­laden, wurde die verfügbare Band­breite asym­me­trisch aufge­teilt. Mehr Kapa­zität zum Herun­ter­laden – und weniger zum Hochladen.

Vergleich DSL und ADSL Internet

Reifen, Schein­werfer, Stra­ßen­be­leuchtung – Asym­metrie gewinnt

Wenn man einen „normalen” Auto­reifen in der Mitte der Lauf­fläche durch­schneidet, so ist das Profil auf beiden Seiten (also der Innen- und der Aussen­seite der Lauf­fläche) iden­tisch. Wir haben also eine Profil­sym­metrie bezüglich der grünen Symmetrieachse.

Beispiel asymmetrischer Reifen im Vergleich zum klassischen Autoreifen

Anders beim asym­me­tri­schen Reifen. Bei dem wird man sehen, dass das Profil auf beiden Seiten ungleich ist. Nun ist Asym­metrie ja kein Selbst­zweck. Beim Reifen­bei­spiel geht es um Traktion und Sicherheit auf nasser Fahrbahn. 

Auf der Außen­seite des Reifens sind die Profil­seg­mente für eine bessere Kurven­haftung breiter. Die Segmente auf der Innen­seite sind so gestaltet, dass sie auf nasser Fahrbahn das Wasser optimal ableiten und so die Gefahr von Aqua­planing reduzieren.

Wechseln wir das Thema und betrachten die Schein­werfer unseres Autos. Ganz früher waren die beiden Schein­werfer symme­trisch. Sie hatten den gleichen Abstand zur Mitten­achse des Fahr­zeugs, den gleichen Abstand zum Boden, den gleichen Durch­messer, die gleiche Leucht­richtung, die gleiche Licht­stärke, die gleiche Licht­farbe. Sie unter­schieden sich nur dadurch, dass der eine auf der linken und der andere auf der rechten Seite saßen.

Irgendwann hatte jemand die Idee, die Symmetrie zu brechen. Die Über­legung war, dass die Anfor­de­rungen an die zwei Schein­werfer nicht genau gleich waren. Der linke soll den Gegen­verkehr möglichst wenig blenden – während der rechte den Stra­ßenrand maximal ausleuchten soll.

Die Konse­quenz war, dass bei den nächsten Fahr­zeug­ge­ne­ra­tionen die Reflek­toren in den Schein­werfern unter­schiedlich ausge­richtet wurden.

Und wo stehen wir heute? Moderne Fahr­zeuge haben oft ein „adap­tives Kurven­licht”. Der Leucht­winkel ändert sich über die Zeit­achse, abhängig von Lenk­winkel und Geschwin­digkeit des Autos. Bei entge­gen­kom­mendem Verkehr können sich Licht­stärke und Leucht­winkel verändern.

Symmetrie brechen im Lebens­zyklus von Produkten

In der Evolution tech­ni­scher (aber auch biolo­gi­scher und sozialer) Systeme ist die Aufhebung von Symme­trien einer der wich­tigsten Erfolgsprinzipien.

Eine neue (z. B. Produkt-) Gene­ration setzt sich über­durch­schnittlich häufig durch, wenn die Verbes­serung genau dieses Prinzip clever nutzt. Inter­essant ist, dass es meist eine Vielzahl von Eigen­schaften gibt, die asym­me­trisch werden können. Und dazu gibt es zuneh­mende und neue Grade an Asym­metrie, die genutzt werden können.

  • Zu Beginn spielt das Auflösen räum­licher Symme­trien die wich­tigste Rolle. Und es geht um relativ triviale Eigen­schaften, wie Größe, Farbe, Richtung. Die Eigen­schaften sind nach dem Brechen der Symmetrie nicht mehr einwertig sondern zwei­wertig (binär) – so wie schwarz oder weiss, rechts oder links, an oder aus … .
  • Im späteren Verlauf der Entwicklung kommt die Aufhebung zeit­licher Symme­trien ins Spiel, zum Beispiel mittels einer Steuerung durch Menschen. Die Eigen­schaften werden anspruchs­voller und komplexer. Es geht dann weniger um einfache Mechanik und mehr um Elek­tronik, Chemie, Physik und Biologie. Bislang binäre Eigen­schaften werden stetig.
  • Auf der nächsten Stufe werden die Systeme selbst­re­gelnd asym­me­trisch, adaptiv. Bevor diese Entwick­lungs­schritte möglich werden braucht es oft neue Tech­no­logie. Zum Beispiel wurde das adaptive Kurven­licht durch Fort­schritte in der Entwicklung von Sensoren, Prozes­soren und Aktua­toren möglich.

Wie funk­tio­niert „Symmetrie brechen”?

Bisher haben wir beschrieben, was zu beob­achten ist. Wie kommen wir von der Analyse zur Gebrauchs­an­weisung? Vom Apfel­kuchen zum Backrezept?

Die Antwort dafür finden wir in der ASIT-Methode für krea­tives Problem­lösen und inno­vative Ideen.

Ganz grob beschrieben gehen wir so vor:

  1. Beim Problem­lösen benennen wir das Problem und listen die Elemente auf, die das Problem entweder verur­sachen, über­tragen oder unter ihm leiden. Wollen wir zum Beispiel das Problem „hoher Ener­gie­ver­brauch von Gebäuden” bear­beiten, enthält die Liste die Elemente Fassade, Luft, Sonne, Isolierung, … .
    Für Elemente, auf die wir Einfluss haben listen wir wichtige und inter­es­sante Eigen­schaften auf. Eins davon ist die „Farbe der Fassade”. Jetzt fragen wir: „Wie kann der Ener­gie­ver­brauch redu­ziert werden, wenn die Farbe der Fassade zu verschie­denen Zeiten oder an verschie­denen Stellen unter­schiedlich ist?”
    Eine Lösung kann sein, einen Anstrich zu entwi­ckeln, der, zum Beispiel durch Anlegen einer Spannung, die Farbe zwischen weiss und schwarz wechselt. Ist es zu kühl im Gebäude schaltet die Farbe auf schwarz und die Fassade absor­biert mehr Strah­lungs­wärme von der Sonne. Ist es zu warm, wird die Fassade weiss, wodurch die Wärme­strahlung reflek­tiert, zurück­ge­worfen wird.
  2. Suchen wir nach inno­va­tiven Ideen, ohne ein konkretes Problem lösen zu wollen, funk­tio­niert es anders. In dem Fall listen wir Elemente des Systems, das weiter­ent­wi­ckelt werden soll auf. Für Elemente, die wir beein­flussen können, notieren wir wieder rele­vante und inter­es­sante Eigen­schaften.
    Im nächsten Schritt formu­lieren wir für ausge­wählte Eigen­schaften auf der Liste den Satz: „Die (bisher konstante) Eigen­schaft X variiert, abhängig von Ort, Zeit oder Umwelt­be­din­gungen. Was wird dadurch möglich?
    Wieder ein Beispiel. Beim Thema oben würde es uns jetzt nicht mehr vorrangig um das Ener­gie­sparen drehen. (Obwohl das natürlich heute ein ganz wich­tiges Thema ist.) 

Asym­metrie für Sie

Hier sind einige Anre­gungen und Übungen, mit denen Sie selbst asym­me­trische Ideen und Lösungen entwi­ckeln oder das Inno­va­ti­ons­prinzip tiefer ergründen können:

  • Wie könnte ein Auto aussehen und funk­tio­nieren, das zu verschie­denen Zeiten unter­schiedlich breit ist?
  • Wie könnte ein Flugzeug aussehen und funk­tio­nieren, bei dem die Abstände der Turbinen zur Flug­zeug­mitte asym­me­trisch sind? Hätte das Vorteile?
  • Wie könnte eine asym­me­trische Preis­ge­staltung aussehen?
  • Was wäre mit einer Matratze, die nachts zu unter­schied­lichen Zeiten eine verschiedene Härte hat?
  • Was könnte hinter einer „asym­me­tri­schen Verschlüs­selung” stecken?
  • Wie kann eine Bade­wanne funk­tio­nieren, die zu verschie­denen Zeiten eine unter­schied­liche Tiefe hat? Wozu wäre das nützlich? Was ist mit einer asym­me­tri­schen Oberflächenglattheit?
  • Welchen Nutzen hätten Auto­reifen, bei denen die Breite verstellbar ist? Oder bei denen die Breite sich abhängig von äusseren Bedin­gungen (Tempe­ratur, Geschwin­digkeit …) selbst verstellt?
  • Sie sind im Vertrieb? Über­legen Sie sich, wie Sie für Ihren Kunden ein asym­me­tri­sches Angebot erstellen können.
  • Sie sind in der Haar­pflege-Branche? Dann kennen Sie schon asym­me­trische Frisuren. Aber wie wäre es mit Frisuren, die sich im Laufe des Tages oder bis zum nächsten Haar­schnitt auf eine gewollte Art verändern? Oder Frisuren, die sich abhängig von Stimmung, Tempe­ratur oder Luft­feuch­tigkeit gezielt ändern?

Das Asym­metrie-Mindset

Das Schöne ist, wir können das trai­nieren. Und damit unsere Krea­ti­vität, unsere Inno­va­ti­ons­kraft und Problem­lö­sungs­kom­petenz ganz erheblich steigern.

Einfach, indem wir ein- oder zweimal in der Woche irgend­welche Objekte (oder Abläufe, Regeln …) nehmen, ihre Eigen­schaften notieren, einige wenige der Eigen­schaften auswählen und über­legen, wie das Objekt in 10 Jahren aussehen könnte, wenn die gewählte Eigen­schaft asym­me­tri­scher ist als in diesem Moment.

Wenn Sie das einige Monate machen, wird diese Beob­ach­tungs- und Denk­weise von einer gezielten Anstrengung zum auto­ma­ti­schen Reflex. Sie werden ständig origi­nelle, asym­me­trische Einfälle bekommen. Und es wird Ihnen Freude machen und Ihr Selbst­be­wusstsein steigern.

ASIT-Methode lernen und nutzen

Falls Inno­vation und Problem­lösung wirklich wichtige Themen für Sie sind, müssen Sie sich nicht auf das Prinzip Selbst­hilfe verlassen. Sie können sich profes­sionell unter­stützen lassen, zum Beispiel in einem Inno­va­tions- oder Problem­lö­sungs­workshop mit der ASIT-Methode. Oder Sie können die ASIT-Methode in einem Seminar trai­nieren. So erreichen Sie mehr schneller. Und Sie lernen auch die anderen fünf Problem­lö­sungs- und Inno­va­ti­ons­prin­zipien zu nutzen.

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